Denn das Glueck ist eine Reise by Caroline Vermalle

Denn das Glueck ist eine Reise by Caroline Vermalle

Autor:Caroline Vermalle [Vermalle, Caroline]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783431038354
Herausgeber: Lübbe
veröffentlicht: 2013-05-16T22:00:00+00:00


Als Georges zurückkehrte, achteten sie penibel auf jedes Wort, das sie sagten, wie ein junges Paar nach seinem ersten Streit. Charles hatte nicht das Glück, eine Erklärung zu erhalten, welchen Zusammenhang es zwischen seiner Schwester, der Blase seines Begleiters und der Taschenlampe gab. Er hielt es jedoch für klüger, nicht zu fragen.

Um 17.00 Uhr hatten sie erst die halbe Strecke zurückgelegt und waren in Baud. Der Scénic stand dreihundert Meter von der einzigen Sehenswürdigkeit entfernt, die das Dorf zu bieten hatte: dem Brunnen der Klarheit mit dem alten Waschhaus. Doch der Brunnen und das Waschhaus waren nicht dazu auserkoren, zu den ruhmreichen Erinnerungen der Tour zu gehören: Charles und Georges schliefen im Auto wie die Murmeltiere. Das Essen in Auray und der Streit auf dem Parkplatz des Geschäfts forderten ihren Preis.

Am Spätnachmittag machten sie sich wieder auf den Weg und fuhren bis Mûr-de-Bretagne, ohne Zeit zu haben, Pontivy näher zu besichtigen. Als sie den Ort durchfuhren, sahen sie die beiden Gesichter der Stadt: den kaiserlichen Teil mit den eleganten, geometrisch angelegten Straßen, und den mittelalterlichen Kern mit den gewundenen, von Fachwerkhäusern gesäumten Gässchen. Sie überquerten den schnurgeraden Kanal, und dann fuhren sie wieder durch die schöne Landschaft, während langsam die Sonne unterging.

Kurz bevor sie in Mûr-de-Bretagne ankamen, hielten sie an einer Tankstelle an. Georges kaufte in dem kleinen Shop eine Batterie für seine Taschenlampe. Es war eine Schande, dass sie nicht mitgeliefert wurden, und außerdem hatte er noch neue zu Hause. Als Georges den Tankstellen-Shop wieder verließ, sah er, dass etwas nicht stimmte. Charles stand noch immer da, wo er vor fünf Minuten gestanden hatte, und starrte auf die Zapfsäule, ohne sich zu bewegen.

»Was ist? Hast du vollgetankt?«

Charles’ Antwort lautete nein. Er schaute Georges vollkommen entgeistert an und setzte sich wieder in den Wagen. Verärgert nahm Georges die Zapfpistole und tankte den Wagen voll. Sie wechselten kein einziges Wort, bis sie in ihrer Unterkunft ankamen.

Das große Steinhaus, das Georges später am Abend in einer SMS an Adèle beschrieb, war typisch für diese Region: eine Dachluke, die aus dem stark geneigten Schieferdach herausragte; drei fensterlose Mauern, die nur mit kleinen Öffnungen versehen waren; auf jedem Giebel ein Schornstein, eine steinerne Außentreppe mit ausgetretenen Stufen und auf dem Hof inmitten der Rosensträucher ein mit Erde bedeckter Brotofen.

In dem großen Aufenthaltsraum aßen sie zu Abend und zogen sich anschließend auf ihr Zimmer zurück, das sie sich teilten. Sie wussten beide, dass die Nähe der Betten zu Vertraulichkeiten einlud und dass sie eines Tages noch einmal über diese Geschichte mit der Taschenlampe und Ginette sprechen mussten.

Als sie sich anschickten, die Nachttischlampen auszuschalten, brach Charles als Erster die Stille, die allmählich schwer auf ihnen lastete.

»Hm, Georges, weißt du, wegen meiner Schwester ...«

»Ach so, ja, deine Schwester ... Daran hab ich gar nicht mehr gedacht.«

»Ich meine ... warum hast du denn die Taschenlampe gekauft?«

Georges schilderte in groben Zügen die Episode in Guéméné und las Charles dann die SMS von Ginette vor.

»Das ist alles?«, fragte Charles.

»Ja, sicher ist das alles.«

»Mann, das ist doch gar nicht so schlimm.



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